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Posts

Es werden Posts vom 2023 angezeigt.

Der berockte Wassertank

Der Rock, den die Chollitas in Bolivien schichtenweise tragen, heisst "Pollera" und ist spanischen Ursprungs. Zusammen mit dem Hut, den Schuhen und den langen Zöpfen bilden sie das einzigartige Aussehen der Chollitas, dass sich je nach Region innerhalb Boliviens unterscheidet.   Die Folgen des Klimawandels führen (auch) in Bolivien zu Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung. Zunehmend lässt sich beobachten, wie immer mehr Haushalte grosse schwarze Wassertanks aus Plastik auf ihren Dächern installieren, um Zeiten in denen kein Wasser aus der Leitung kommt, überbrücken zu können.     Was haben schwarze Plastik-Wassertanks mit den Röcken der Chollitas zu tun? Auf knapp 4000m Höhe über dem Meeresspiegel scheint die Sonne mit einer Kraft, die nicht nur Haut verbrennen lässt, sondern auch Plastik rasch zerstören kann.   Damit dies dem guten Wassertank nicht passiert, ziehen viele Haushalte ihren Wassertanks alte ausgediente Polleras an. Pollera macht also nicht nur die Ch...

In der Stadt und vor der Stadt

Im Megamoloch Delhi war es nicht möglich mal eben in die Landschaft - "raus" und "ins Grüne" zu fahren. Das war dann eine kleine Reise von mindestens 2 bis 3 Stunden. Auch gibt es kaum eine Möglichkeit einen Blick auf die Stadt als ganzes zu bekommen.   Phnom Penh ist anders. Die Stadt am Mekong-Fluss entwickelt sich bislang im Wesentlichen an einer Uferseite. Von einer Anlegestelle im Zentrum der Stadt, fahren fast minütlich kleine Autofähren auf die andere Fluss-Seite. Die Überfahrt dauert etwa 10 Minuten. Auf dem breiten, mächtigen Fluss sind verschiedenste Boote unterwegs: kleine, längliche Fischerboote, schwimmende Party-Boote mit Restaurant an Bord, Schuten, die Sand transportieren, oder komplett ausgestattete Hotelschiffe, mit denen es sich bis nach Hoh Chi Minh auf einer Fluss-Kreuzfahrt reisen lässt.   Schon von der Flussmitte verändert sich der Blick auf die Stadt. Die Skyline wird sichtbar mit den Hochhäusern und den Sonderbauten. Auf der anderen Seite an...

Fische gegen Malaria im Blumenpott

Mindestens einmal im Jahr ist ein Drittel Kambodschas für mehrere Wochen unter Wasser. Land und Natur haben Routine im Umgang mit Überschwemmungen. Viele der hier heimische Pflanzenarten können  wunderbar im Wasser wachsen. Eine der bekanntesten Pflanzen, die so wächst, ist die Lotuspflanze.   Natürlich möchten wir solche Pflanzen auch zu Hause haben. Schliesslich zieht der Anblick einer geöffneten Lotusblüte unweigerlich die Sorgenfalten aus dem Gesicht. Wir haben also mehrere Pötte mit viel Wasser bei uns zu Hause herumstehen. Das ist zunächst relativ einfach, weil z.B. regelmässiges Giessen entfällt (sporadisches Nachfüllen ist natürlich nötig). Und doch schaffen wir uns mit solchen Pflanzen ein Problem: sie sind der ideale Lebensraum für Mückenlarven. Wir haben also Malaria und Dengue im Blumentopf.   Die Lösung sind kleine Fische, die in die Töpfe gegeben werden. Ganz ohne weitere Technik oder Aquariumzubehör können sie dort wunderbar leben. Sie sind etwa einen Zenti...

Spieglein, Spieglein

Nach bald fünfzig Jahren hört man vielleicht auf sich selbst regelmässig zu genau und zu bewusst im Spiegel zu betrachten. Der meiste Kram - bis vielleicht aufs Rasieren - funktioniert mir mittlerweile ganz gut ohne Spiegel. Verschwunden, die Spiegelfaszination? Doch dann sitze ich im Tuctuc mitten im brechendvollen Morgenverkehr. Und irgendwie haben die hiesigen Tuctucs immer kleine Spieglein hängen, in denen man sich unweigerlich betrachtet. Die Erfahrung beim sich selbst Betrachten ist mir in dieser Situation aber eine gänzlich andere als vor dem heimischen Badezimmerspiegel. Und das, obwohl der Spiegel nur ganz klein und meist von lausiger Qualität ist.   Ich grüble, wieso das so ist. Es hängt vielleicht damit zusammen, dass ich mich selbst inmitten von vielen anderen Menschen (und Autos, LKWs und Motorrädern) selbst sehe. Der Kontext macht, dass es sich anfühlt, als sei der ich-Betrachter weiter weg und viel neutraler vom eigentlichen Ich. In der intimen Nähe eines Badezimmers...

Zieh´ hoch den Baum, die Tor macht weit!

Das Netz hält leider nur lauwarme Tipps bereit, wie ein Weihnachtsbaum katzensicher gemacht werden kann. Ratschläge wie "sorgen Sie für andere attraktive Spielmöglichkeiten" oder "sprühen Sie den Baum mit Zitrusduft ein" erscheinen halbgar und nutzlos.   So ein Teil im Wohnzimmer mit lauter spannenden herum baumelnden Sachen ist einfach zu attraktiv für Katzen, als dass sie sich irgendwie mit Duft oder was anderem abschrecken ließen.   Wir haben uns daher entschieden, den Baum so einzurichten, dass wir ihn einfach unter die Raumdecke hochziehen, wenn wir nicht da sind. Mit zwei Umlenkrollen, spezial Lenkdrachenschnur und einer Belegklampe (Segelschiff Zubehör) war das schnell eingerichtet. Nun ist der Baum sicher, und es sieht auch lustig aus, wenn er oben in der Raumecke baumelt.   Foto: der hängende Baum

Lurchi 3.0

Die kleinen, maximal 15cm langen, hellbeigen Hausgeckos sind eigentlich immer da: an Wänden, hinter Schränken und Bilderrahmen oder überkopf an der Decke. Das war in Indien so und ist auch hier in Phnom Penh nicht anders. Sie sind unsere Freunde - nicht nur weil sie Mücken verspeisen. Im Garten haben haben wir zudem die grösseren Echsen, die mit ihren längeren Beinen und den Krallen gut in Pflanzen und Bäumen klettern können. Siehe auch hier. Und nun haben wir in Chhlong und Sihanoukville auf Wochenendreisen auch noch die grösseren "Tokeh" Geckos besser kennen gelernt. Von der Art wie die kleineren Hausgekkos, sind diese deutlich grösser und erheblich farbenprächtiger. Der Name kommt vom Ruf, den sie ausstossen: zweisilbig "To" und "Keh" oder natürlich geht irgendwie auch "Ge" und "Koh". Wenn sie auch schön und faszinierend aussehen, sind wir schon froh, dass wir diese (bislang) nicht in unserem Haus haben. Foto: Tokeh Gekko beim Indepe...

Der wandelnde Adventskalender

Mein ehemaliger Bauamts-Kollege Herr Lütjens tauchte in irgendeinem Dezember mit einem runden Button am Hemd und einem Grinsen im Gesicht in meinem Büro auf. Der Button zeigte eine einstellige Nummer (es war Anfang Dezember) auf farbigem Hintergrund. Und es bedurfte keines weiteren Wortes, um mich verstehen und ebenso (respektvoll) Grinsen zu lassen. Mein gedachter und sein ausgesprochener Satz: "wandelnder Adventskalender", gingen millisekundengenau synchron. Die Story schoss mir jetzt irgendwie am Vorabend der Adventszeit in den Kopf. Also, Vorgestern im örtlichen Chinabürobedarfsladen in Phnom Penh günstige Magnetclips für Namenschilder eingekauft und schnell 24 Nummern in passendem Layout ausgedruckt und ausgeschnitten.  Ich behaupte mal, der zur Zeit einzige wandelnde Adventskalender in ganz Südostasien zu sein. Grüsse an Herrn Lütjens für die Inspiration.  Foto: zwingende Accessoires des wandelnden Adventskalenders.

Lurchiglück

Beim Rumwuseln im Garten fällt er mir nur auf, weil es kurz im Bambus raschelt. Zwischen den glatten Zweigen und den hellen Blättern sitz wieder eine der zahlreichen kleinen Echsen. Sie fühlen sich in unserem Garten so wohl, dass es mittlerweile sehr einfach ist, sie zu entdecken. Wir nennen sie "die Lurchis" - "der Lurchi" in der Einzahl. Weil er ganz still ausharrt, bemerken ihn unsere beiden Katzen nicht. Sie streifen kaum einen halben Meter unterhalb durch das Gras. Hat Lurchi grad' Glück gehabt. Vorerst. Als ich am nächsten morgen den Kätzchen die Terrassentür zum Garten öffne, rufe ich noch hinterher: "Lasst Lurchi leben!" Nützt nix. Kaum 10 Minuten später sehe ich eine der beiden Katzen - es ist Ginger - hoch oben im Mangobaum. Artistisch versucht sie mit der Echse im Maul rücklings herunter zu klettern. Mit einem todesmutigen Sprung aus zwei Metern Höhe kürzt sie die Kletterei ab und sprintet - immer noch den stattlichen Lurch quer im Mau...

Eurovision 2023

The day of the Eurovision Song Contest is the day when Europe celebrates itself. It is to me one of those days when Europe feels most united and most powerful.   The contest celebrates diversity, fun, music, and the life as such. Every European country sends a guest to the party - the biggest music party in the world. Each guest is carefully chosen to represent their country. Just like an outfit that one wears to a party, each country chooses a music group as its flagship. How does each country want to be seen by the rest of the community of nations? As a clown, a beauty or as the tough guy? Thoughtful, exuberant, diverse, modern or traditional? Every song and every performance touches us in some way. If we don’t like it, it polarizes us. If it was bad, it was at least bad. And because everything is full of glittery shimmer, made for the moment, even stupid things explode in fireworks to make way for the next performance. And what joy is it not also to mock tastelessness and then p...

Der Dosennippelgürtel

Kenner:innen wissen nicht erst seit Erscheinen des weltweit ersten  Dosennippelportemonnaies   in Mozambik im Jahre 2010, dass Dosennippel der Schlüssel zu etwas ganz ganz Grossem sind, und die Menschheit gut daran täte, Dosennippel als Geschenk des Universums zu verstehen. Einen gar mächtigen Sprung tat daher mein Herz, als ich neulichst in einer kleinen Boutique in Siemreap eine feine Auswahl modischer Assessoires gefertigt aus Dosennippeln bestaunen konnte. Die Güte der Dosennippel und die Qualität der Handarbeit, so konnte ich unschwer erkennen, waren herausragend. Ohne zu Zögern erwarb ich daher einen Dosennippelgürtel - und ein paar Wochen später bereits einen Zweiten. Seitdem beobachte ich, dass derart begürtelt umherzuwandeln, zwei wesentliche Dinge zur Folge hat: 1/   Ein ähnlicher Effekt wie bei einer Harry-Potter-Blitznarbe stellt sich ein. Wildfremde Leute sprechen einen an - andere tuscheln hinter dem Rücken und (natürlich) hat man mit so einem Teil um den Ba...

The Sapo Diaries 3

Das Arbeiten mit dem Metallblech in der Hitze ist aufreibend. Barfuss stehe ich in den Metallsplittern, die auf dem Boden herumliegen. Todesmutig wage ich mich an das Beschlagen der runden Ecken des Spielgeräts. Alle Löcher des Blechs werden schliesslich ausgesägt. Das Entgraten mit der Metallfeile und der Flex macht entsetzlichen Lärm. Aber langsam stellt sich bei mir so etwas wie Blech-Routine ein. Allmählich wird das Blech mein Freund.  Dann ist es Zeit, die unter dem Blech befindliche Holzkonstruktion ebenso auszusägen. Die Spieltaler können nun in die Schublade fallen. Zuletzt installiere ich noch die beweglichen drei Flügelteile. Überlege kurz, ob ich ein Metall-Lager baue - belasse es aber dann bei einer abgerundeten Holzkerbe. Dreht wunderbar. Nachdem (fast) alles beschlagen ist montiere ich das Gerät auf einem IKEA Tisch und mit Aylin und Matt, die am Samstag nachmittag vorbei schauen , werfen wir die ersten Taler auf den Sapo. Noch fehlen allerdings einige Metalloberfläch...

The Sapo Diaries 2

Der Knoten ist geplatzt. Die innere Blockade überwunden. Der erste Schritt ist getan. Nach über sieben Jahren warten nimmt das eigene Sapo-Spiel nach den ersten Arbeitsstunden langsam Gestalt an.  Der Korpus aus chinesischer Multiplexplatte ist zusammengesetzt. Alle Teile sind komplett - inklusive Schublade. In dieser landen hinterher die Spieltaler und können dann mit einem Zahlenwert versehen werden. Bis hierhin im Fachgebiet “Holz” fühle ich mich zu Hause, und die Dinge gehen relativ leicht von Hand - wobei die Hitze beim Arbeiten herausfordernd ist. Die Holzspäne und der Holzstauben klebt auf der Haut. Ich arbeite in unserem Eingangsbereich vor der Haustür ohne Klimaanlage aber immerhin im Schatten. Doch nun muss das ganze mit dünnen Platten aus Metallblech beschlagen werden. Nicht mein Metier. Drinnen zeichne ich alle Löcher, Schnitte und Kantungen fein säuberlich mit dünnem Filzstift auf das Blech. Ich kaufe noch extra eine Flex mit Scheiben, um für die Metallarbeit gerüstet...

The Sapo Diaries 1

Das Sapo Spiel Im schattigen Garten auf dem Grundstück von Onkel Javier und Tante Angie, abseits des Trubels von La Paz im kleinen Ort Huajchilla am Rio Bajo; dort steht ein wundersames Spielgerät mit Löchern, drehbaren Messingflügeln und einem goldenen Frosch in der Mitte: Das “Sapo” Spiel. Die Regeln des Spiels sind denkbar einfach. Ziel ist, den Frosch (Spanisch: “Sapo”) mit Gold zu füttern. Dazu wird aus der Distanz mit einem Dutzend schwerer, goldener Taler auf das Spielbrett mit Löchern geworfen, in dessen Mitte ein goldener Frosch mit offenem Mund thront. Es gibt unterschiedlich viele Punkte je nachdem in welches der Löcher die Goldmünzen fallen. Der Mund des Frosches ist am schwierigsten zu treffen und zählt daher am meisten. Sapo Schublade Spätestens 2015 während der Elternzeit in Bolivien haben wir uns in das Spiel verliebt. Nicht nur das Spielen macht enormen Spass - vor allem weil man dabei sehr gut klönen, lachen und trinken kann. Sondern auch die Materialien und die Macha...

Das Jahr des Bunnies

In Kambodscha kommen wir in den Genuss, insgesamt drei Jahreswechsel innerhalb eines Jahres feiern zu können. Das "International New Year" (unserem Sylvester), das "Khmer New Year" im April und das "chinesische Neujahr" Ende Januar. Weil letzteres schon übernächste Woche ist, und weil etwa 30% der Bevölkerung Kambodschas einen Chinabezug hat, ist das chinesische Neujahr bereits überall sichtbar.   Das Fest wird durch die Farben rot und gold dominiert. Runde, rote Lampions hängen in den Bäumen vor den Häusern. Dazu rote Schilder mit goldenen Zeichen bemalt, goldene Münzen und lachende Figuren und allerlei anderer Nippes zum Hinhängen und Hinstellen.   Natürlich ist jedes Jahr einem Tierzeichen gewidmet. Nun geht das Jahr des Tigers zu Ende und es beginnt das Jahr des Hasen. Der Dekoindustrie gelingt es dabei mit verblüffender Vollkommenheit den Tieren in den Darstellungen alles Natürliche und Erhabene zu nehmen. Stattdessen kommt es offenbar auf comic-haft ...