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Spieglein, Spieglein

Nach bald fünfzig Jahren hört man vielleicht auf sich selbst regelmässig zu genau und zu bewusst im Spiegel zu betrachten. Der meiste Kram - bis vielleicht aufs Rasieren - funktioniert mir mittlerweile ganz gut ohne Spiegel. Verschwunden, die Spiegelfaszination?

Doch dann sitze ich im Tuctuc mitten im brechendvollen Morgenverkehr. Und irgendwie haben die hiesigen Tuctucs immer kleine Spieglein hängen, in denen man sich unweigerlich betrachtet. Die Erfahrung beim sich selbst Betrachten ist mir in dieser Situation aber eine gänzlich andere als vor dem heimischen Badezimmerspiegel. Und das, obwohl der Spiegel nur ganz klein und meist von lausiger Qualität ist. 

Ich grüble, wieso das so ist. Es hängt vielleicht damit zusammen, dass ich mich selbst inmitten von vielen anderen Menschen (und Autos, LKWs und Motorrädern) selbst sehe. Der Kontext macht, dass es sich anfühlt, als sei der ich-Betrachter weiter weg und viel neutraler vom eigentlichen Ich. In der intimen Nähe eines Badezimmerspiegels erscheinen mir Spiegelbild und Betrachter stimmiger als eine Person. 

Der ranzige Tuctuc Spiegel mitten im Chaos der Stadt offenbart mir ein irgendwie anderes (Spiegel-) Bild meiner selbst, als dies der übergrosse und perfekt polierte Spiegel im heimischen Badezimmer vermag. 

Foto: Tuctuc Spiegel