Für uns läuft der Indien-Cambodia Countdown. Am 17.12.2021 planen wir Indien gen Phnom Penh zu verlassen. Und weil gleichzeitig Adventszeit (Countdown für Weihnachten) ist, gibt es hier den (hoffentlich) täglichen Adventskalender mit kleinen Geschichten und Bildern.
Heute 06/12 . Der Schneider und sein Bügeleisen
Auf dem kleinen Markt gegenüber unserer Wohnung gibt es auch einen kleinen Schneiderladen. Er liegt brillianterweise direkt neben einem kleinen Stoffladen und schräg gegenüber vom Friseurladen. In diesem magischen Dreieck von Kommerz- und Serviceeinrichtungen kann man viel Spass haben und Zeit verbringen. Es beginnt zum Beispiel beim Stoffkaufen mit ausgedehntem Beratungsgespräch. Eventuell guckt sogar der Schneider von nebenan um die Ecke und mischt sich beim Stoffkauf mit seiner Expertise ein. Dann den Stoff an den Schneider übergeben mit Anweisungen zum anvisierten Kleidungsstück. Die Wartezeit (falls praktikabel) lässt sich beim Friseur gegenüber sinnvoll ausgestalten. Dies mittels Neufrisur, Livecricket auf dem Friseurfernsehgerät und politisch-/ gesellschaftlichen Fachsimpeleien aus Friseurs Munde.
Beim Schneider arbeiten derweil zwei Herren mittleren Alters augenscheinlich chronisch am Limit dessen was möglich ist. Die Regale an den Wänden sind mit Kleidungsstücken von Kunden vollgestopft. Im Akkord werden diese Aufträge abgearbeitet, ohne dass ein Ende in Sicht ist. Und doch haben sie dabei immer Zeit für einen Schnack mit der Kundschaft. Der kleine Edelstahlbecher mit frischem Chai vom markteigenen Chaibelieferer ist dabei immer griffbereit.
Einige Zeit habe ich schon bei den beiden wartend und klönend verbracht. Sie haben von mir erfahren, dass ich auch gerne mal mit meiner Nähmaschine kleinere Sachen nähe, dass meine Oma in Hamburg Schneiderin war, und die gleiche Pedalmaschine hatte, die die beiden nutzen. Ich habe erfahren, dass es den Laden seit 1964 gibt. Der Vater des Schneiders hat den Laden gegründet. Er selber ist quasi im Laden aufgewachsen und betreibt ihn heute weiter.
Der kurioseste Gegenstand ist ein kleines Elektrobügeleisen aus dem Jahre 1969. Klein und mit einer weich-öligen Rostpatina überzogen aber extrem schwer (ca. 2kg) und nach wie vor jeden Tag im Einsatz. Dieses Gerät fasziniert mich, weil es so konstruiert ist, dass es quasi nicht kaputt gehen kann. Und ich denke an all den Elektrokram, den ich zu Hause habe - das meiste mit einer lächerlichen Lebensdauer und eingebautem Lebensende vom Produktdesigner persönlich teuflisch erdacht.
Foto oben: Die beiden Schneider am Arbeiten
Foto unten: Das unkaputtbare Bügeleisen

