"Zu jedem gepflegten Garten, gehört immer auch ein geleerter Kopf."
Gerade eben selber vorsichtig mein Gehirn im Schuppen in einen unbenutzten Blumentopf gleiten lassen, um mich meditativ und ungestört der Gartenarbeit zu widmen. Ah, tut das gut! Und so befreiend. Gartenarbeit. Muss das denn sein?
Biomasse hat sich inzwischen zahlreiche Wege ins Haus gebahnt. Armdicke Bündel aus Efeu- und Knöterichwurzeln: die ritzengeschwächten Anschlusspunkte zwischen Wand und Dach ausnutzend, drängen sie massiv ins Innere, überziehen Wände, passieren Flure und durchbrechen Geschossdecken. Kurz schulterzuckend bemerken, dass wir kaum noch vom Schlafzimmer ins Bad kommen, weil alles zugewuchert ist. Aber wir waschen uns ja sowieso fast nie, und wenn, dann im Gartenteich oder der Regenwassertonne. Im Dachgebälk nisten in der Wärmedämmung zahlreiche Vögel, Dachsbauten in den Zwischenwänden aus Gipskarton, flauschiger Moos auf dem Stäbchenparkett, Dammwild sucht Unterschlupf in der Einbauküche.
Ich weiss, dass sich die Garten-Nazis so das Innere unseres Hauses vorstellen. Wer Grasbüschelchen in Pflasterfugen zulässt und den Rasen nicht alle 2 Tage mäht, der wohnt so. Doch doch, gewiss!
Aber zurück zum Garten. Ein Garten ist gebändigte Natur. Die Natur wird "ans Band gelegt" und an einem Pflock befestigt, damit sie uns nicht im unbedachten Moment der Lebensfreude hinterrücks ins Genick beisst. Nun ist es alles nur eine persönliche Frage der Toleranz und Kaltschnäuzigkeit, wieviel Leine man dem bunten Treiben der Biomasse geben will.
Mir fallen dazu die Freibereiche um die Häuser in Mosambik ein, wo wir im ländlichen Raum gelebt haben. Keine Gärten. Dort gab es für die Menschen triftige Sicherheitsgründe die Natur um ihre Hütten in regelmässigen Abständen radikal abzubrennen, um buchstäblich verbrannte Erde zu erhalten. Für mich reichte da als Grund schon das Bedürfnis aus, um so Schlangen zu vertreiben - von katzengroßen Ratten und einer Armee zu großer Insekten mal ganz abgesehen.
In Dithmarschen ist die Bedrohungslage eine andere und vermutlich entfällt auch "Abbrennen" als Gartenpflegekonzept. Folglich besteht die oben genannte imaginäre Leine für die Natur in unserem Garten aus lose gewickelten Kokosfasern (aus kontrolliert biologischem Anbau). Und diese hat sich wegen ihrer enormen Länge schon zu magischen Knäulen verwoben und hier und da durchgewetzt.
Der Garten-Nazi bevorzugt übrigens zum Bändigen der Natur in seinem Garten eine rostfreie Stahlkette mit Stachelgliedern. Und diese Kette entfernt dann auch wie von selbst die Grasbüschelchen in den Steinfugen der Grundstückseinfahrt. Praktisch eigentlich.
Foto: Wilde Natur in Heide