Wir haben uns gewundert warum unsere Nachbarn kaum Vegetation wie z.B. Bäume oder Büsche auf ihrem Grundstück rund um das Haus angepflanzt haben. Die Vorzüge liegen doch auf der Hand: Sichtschutz, Windschutz, Schatten, Schutz vor Regen und eventuell Früchte und Obst zum Essen. Stattdessen zog sich das bisherige Jahr über eine Wüste aus roher Erde und einiger karger Grasbüschel rund um das nachbarliche Haus. Lediglich ein einzelner Mangobaum und ein kleiner Papayabaum sind auf dem grossen Grundstück zu finden. Doch dann begann die Regenzeit.
Der stetige Regen und die gleichzeitigen hohen Temperaturen lassen die Natur in der Regenzeit explodieren. Das Gras wächst übermannshoch, und Büsche, die zu Beginn der Regenzeit die Grösse kleiner Setzlinge haben, schiessen binnen weniger Tage auf einmeterfünfzig Höhe. Das Bild der Landschaft verändert sich radikal. Auf einmal wird aus einer steppenartigen Landschaft eine durchgängig grüne Oase.
Unsere Nachbarn und überhaupt 90% der Menschen hier setzen genau auf diesen Effekt der explodierenden Natur. Mit Beginn der ersten Regenfälle bepflanzen sie jeden verfügbaren Quadratzentimeter ihres Grundstücks mit Nutzpflanzen. Viele Beschäftigte und Angestellte nehmen sich für diese Zeit ihren kompletten Jahresurlaub, um auf dem eigenen Land arbeiten zu können. Kurzum, das etwa 1000 Quadratmeter grosse Grundstück unserer Nachbarn ist nun ein Maisfeld mit einem Wohnhaus in der Mitte. Bis auf wenige Zentimeter an die Aussenmauern des Hauses und auch des Grundstücks reichen die inzwischen etwa 3m hohen Pflanzen heran. Wenn der Mais dann in wenigen Wochen geerntet wird, steht der Verarbeitungsprozess zur Herstellung von grobem Maismehl an. Das kauft man in Deutschland (viel feiner gemahlen) unter dem Namen "Maizena" im Supermarkt. Hier trocknet man die Maiskörner und mahlt sie dann in einer der öffentlichen, von einem Dieselmotor betriebenen Mühlen.
Der Vorrat wird dann säckeweise im Haus aufgestapelt, und muss für ein Jahr reichen. Maismehl wird in Mosambik in Form eines Breis ("Xima") gegessen, der die Stärkekomponente der täglichen Mahlzeiten darstellt: Fisch mit Xima, Huhn mit Xima, Gemüse mit Xima und in schlechten Zeiten Xima pur.
Omita aus Bolivien würde sich sicherlich über den hiesigen Mais lustig machen. Die Zähne sind relativ klein, so wie beim deutschen Zuckermais. Im Vergleich zum Andenmais, bei dem ein grosser Kolben aus gefühlten 10 Maiszähnen je von der Grösse eines Golfballs besteht, sieht natürlich jeder andere Mais blass aus. Apropos blass, in La Paz gibts natürlich auch violetten Mais.
Foto: Mais auf dem Grundstück unserer Nachbarn. Wohnhaus im Hintergrund, links ein Papayabaum und eine Papayablüte in der Bildmitte.