Der kleine Ort "Kampong Khleang" liegt weit im Schoße des Tonle Sap - dem Riesensee im Herzen Kambodschas. Der Tonle Sap ist launisch und wechselhaft. Halbjährlich trocknet er kilometerweit an den Rändern weg und zeigt seine kargen Sandbänke. Und den Rest des Jahres schwillt er sich monsungeschwängert weit ins Landesinnere und macht, dass ein Drittel Kambodschas´ Landmasse von Wasser bedeckt ist.
Kampong Kleangs Bürgerinnen und Bürger haben also mal festen Boden unter ihren Füßen - und mal spiegelt sich ihnen alles schwankend im gleißend, unendlichen Nass. Wie sich die Siedlung auf diesen ewigen Wechsel der Gezeiten eingestellt hat, sieht von außen gar hübsch und malerisch aus. Alle Häuser ruhen auf einem Meer aus hohen Holzpfählen. Mal sind die zentralen Dorfstraßen staubige Sandpisten, auf denen Karren und Mopeds herumsausen - mal sind sie breite Kanäle, auf denen gemütliche Hauspontons dümpeln und Halbstarke mit ihren halsbrecherischen "Longtail" Motorbooten herumbrettern. Die Kinder müssen dann selber sehen, wie sie nach der (schwimmenden) Schule mit ihren kleinen Booten nach Hause paddeln.
Die Amtsstube des Ortes, in der ich gerade mit zwei staatlichen Beamten des Ortes zusammen sitze, ist ein offener Raum mit hohem Dach ohne nennenswerte Wände. Wir überblicken die zentrale Wasserpromenade mit den bunten Statuen unter den schattigen Bäumen. Der See schickt eine willkommene Brise.
Die Herren brauchen nicht viel, um die zentralen Dienstleistungen des Ortes zu managen: ein ringgebundenes Notizheft mit Dumbo dem Elefanten als Einband - dazu ein Plastikkugelschreiber und eine handvoll Mobiltelefone - dazu Computer und Drucker im Backoffice. An einer Wäscheleine baumeln die ausgedruckten Listen des Wählerverzeichnisses. Die Menschen führen ihren Kampf mit den Gezeiten und ringen dem See Fische und andere Nahrung ab, während die lokale Selbstverwaltung wacker Geburtszertifikate und Sterbeurkunden ausstellt, und obendrein irgendwie versucht das Müllproblem zu lösen.
Der ruhende Blick meines Gegenübers ermisst die silberne Linie am Horizont, wo sich Zukunft und Vergangenheit im Jetzt offenbaren. Und sein leises Lächeln verrät, dass die Dinge stetig besser werden. Während ein junges Paar mit einem eingewickelten Neugeborenen auf der Wartebank Platz nimmt und 3 Meter darunter ein tuckernder Bootsmotor gleichsam den Takt des Herzschlags von Kampong Kleang vorgibt.
Foto oben: Parkplatzsuche vor dem Bürgerbüro
Foto unten: Stelzenhaus in Kampong Khleang

