Ganesh, der hinduistische Gott mit dem Elefantenkopf, ist der mit Abstand beliebteste Gott in Mumbai und dem Bundesstaat Maharashtra. Die Menschen nennen ihren Gott hier meist nicht "Ganesh" sondern liebevoll "Ganpati". Die Tempel für Ganpati sind in der Stadt reich gesät und in jeder Form und Größe anzutreffen. Die Armaturenbretter von Rickshaws, Taxis und vieler Privatautos sind mit Ganpati-Statuen ausgestattet. Überall werden Ganpati Statuen verkauft und oft posiert der Gott in ulkigen Posen. So ist es zum Beispiel kein Problem Ganpati in Badehose, mit Sonnenbrille oder Skateboard fahrend zu erwerben.
Den jährlichen Höhepunkt dieser Verehrung bildet das Ganpati-Festival im September. Elf Tage lang wird der Gott auf spezielle Weise und mit unzähligen religiösen Handlungen und Riten in der Öffentlichkeit und in den Familien verehrt. Und das geht so:
Bereits Wochen vor dem eigentlichen Festival bestellen sowohl die Tempel, als auch die kleineren religiösen Hausgemeinschaften und die Familien bei speziellen Werkstätten ihre eigenen Ganpati-Statuen für das Festival. Diese bestehen in der Regel aus Gips und sind erheblich größer als die Statuen für die alltägliche Verehrung. Am Tag eins des Festivals werden diese Statuen dann fertig bemalt in kleineren LKWs ausgeliefert. In den Familien findet diese Ganpati-Statue ihren exponierten Platz im Wohnzimmer mit zusätzlicher festlicher
Beleuchtung. Das alles ist etwas vergleichbar mit unserem Weihnachtsbaum. Ganpati wird reich geschmückt mit Blumengirlanden und goldenen Bordüren und Tüchern, die ihm um den Hals und Kopf drappiert werden.
Die Tempel und kleineren Glaubensgemeinden errichten nicht selten in den Straßen provisorische Tempel aus einer Bambusstruktur mit Plastikplanen, in denen die dann erheblich größere Statue ihren Platz findet. Ganze Straßenabschnitte vor diesen provisorischen Tempeln werden zur Tempelvorzone mit aufwendigen Lichtertunneln, die rythmisch blinken umfunktioniert. Der Wettstreit um die größte Statue geht in der Stadt so weit, daß jedes Jahr zum Ausliefern der Statuen an einigen Stellen die stählernen Fußgängerbrücken über den Straßen demontiert werden müssen. Diese größten Statuen sind dann mehr als 6m hoch.
Mit dem Eintreffen Ganpatis an seinem Bestimmungsort hat sich der Hausherr für die nächsten 10 Tage einen Vollzeitjob aufgehalst. Egal ob Ganpati im Wohnzimmer einer Familie, oder in einem der provisorischen Straßentempeln steht, der Gott in den eigenen vier Wänden muss aufwendig bewirtet und verehrt werden. Die genaue Abfolge und der detaillierte Inhalt der Riten ist uns nach wie vor unklar. In jedem Falle wird viel gesungen und musiziert mit allem was der Küchenschrank hergibt, dem Gott werden regelmäßig Speisen und Früchte dargeboten, die Statue wird mit Flammen umkreist und Räucherstäbchen werden entzündet. Sollte die Statue bewegt werden müssen, so ist vorher der Kopf mit einem Tuch zu verhüllen. Dies sind nur einige wenige Riten und Regeln. Tatsächlich ist vielen Familien der alltägliche Aufwand zur Bewirtung des Gottes in diesen 10 Tagen zu hoch. Viele Familien tun sich daher zusammen und haben gemeinsam eine Statue, die z.B. in einem speziellen Raum im Erdgeschoss des Hauses steht.
Familien und Bekannte laden sich in dieser Zeit gegenseitig ein, um gemeinsam Ganpati zu feiern. Wir sind in der Zeit des Festivals bei einer indischen Bekannten zu Gast. Es wird zunächst die Statue im Wohnzimmer begutachtet und verehrt. Danach gibt es ein opulentes Essen und bei der Verabschiedung bekommt der Gast noch ein Geschenk oder Süßigkeiten mit auf den Weg. (nicht irgendwelche Süßigkeiten, sondern Ganpatis lieblings-Süßigkeiten, natürlich!)
Foto: Ganpati Statue in unserer Straße. Mehr Fotos: www.fotos.jahnsen.info
Im zweiten Teil geht Ganpati auf die Straße.
