Aufgrund der extremen Konkurrenzsituation zwischen den Religionen in Indien, ist es in den letzten paar tausend Jahren zu einer Perfektionierung in der ornamentalen Ausgestaltung religiöser Feste gekommen. Jede noch so kleine Glaubensrichtung versucht durch immer ausgefeiltere und extravagantere Götterdarstellungen die Masse der Gläubigen auf ihre Seite zu bringen. Es ist dabei das oberste Gebot immer auf der Höhe der Zeit zu sein: eine Religion, die sich dem technologischen und gesellschaftlichen Fortschritt verschliesst, hat keine Chance auf breite Anerkennung.
Der Hinduismus macht vor wie es geht: sämtliche Götterabbildungen sind zum Beispiel als dreidimensionale Plexiglas-Hologramm Lasergravuren erhältlich und neueste LED Technologien setzen die angebeteten ins richtige (wild blinkende) Licht. Die Götter werden wie Superhelden in einem Hollywoodfilm in Szene gesetzt und mit der Alltagskultur unserer Zeit verknüpft. Ganesh liegt mit Badehose bekleidet und einem Cocktail in der Hand am sonnigen Sandstrand. Hanuman fährt sonnenbebrillt auf einem Skateboard während Krishna reihenweise Schurken verprügelt.
Ein muslimischer Kollege erzählte mir im Vertrauen, dass viele nicht-hinduistische Kinder in Indien heimlich die hinduistischen Geschichten in Comic-Form oder als Cartoon-Serien im Fernsehen gespannt verfolgen. Bei einer derartigen modernen Bilderflut haben Christen und vor allem Muslime das Nachsehen.
Nur einmal im Jahr schlägt das Christentum mit voller ornamentaler Tand-Breitseite zurück: Weihnachten in Indien. Die Kunststoff-Fabriken in China liefern einen Grossteil der nötigen Ausstattung. Der Einzelhandel in Mumbai stellt sich komplett auf dieses Fest als lukrative Einnahmequelle ein. Die Produktvielfalt und -qualität ist atemberaubend. Umwelt- und Sicherheitsaspekte sind bei diesen Produkten irrelevant. Hauptsache billig und irgendwie neu.
Dennoch kommt diese Transformation in die Moderne nicht an die oft originellen und witzigen hinduistischen Götterdarstellungen heran. Santa Clause bleibt Santa Clause und auch die Krippe mit dem (immerhin Kuh-lastigen) Vieh und den Hirten fällt nur durch den beissenden Plastikgeruch auf.
Warum kommen die Hirten nicht mit der Motorrickshaw und bringen als Geschenk mal den neuesten iPod mit? Und auch die Krippe könnte mal ein Redesign vertragen. Papst, übernehmen Sie.
Foto: Weihnachtseinkauf. Wir haben uns dann für den Plastikweihnachtsbaum russischer Bauart entschieden (Kaufargument auf der Verpackung: "Everlasting" - und das ist nicht mal gelogen)